18.01.2022

Der Vetter aus Dingsda

Die Story
Die Ehe – so heißt es in Eduard Künnekes wohl berühmtesten Werk – ist eine Mausefalle: „Hinein kommt manch einer, doch raus kommt da keiner, denn nur nach innen geht die Tür.“ Und dennoch versuchen alle auf Schloss de Weert, sich oder jemand anderen zu verheiraten. Da wäre einmal Julia, die davon träumt, endlich volljährig zu werden, um der Obhut ihres Onkels Josse zu entkommen und ihren geliebten Vetter Roderich zu ehelichen. Dieser jedoch weilt seit sieben Jahren in Batavia – was Josse mangels Erinnerungsvermögen für fremdsprachige Orte nur als „Dingsda“ verunglimpft. Josse seinerseits möchte Julia mit seinem Neffen August Kuhbrot verkuppeln, so bliebe Julias beträchtliches Vermögen in der Familie. Von diesem Plan hält Julia allerdings schon allein wegen des Namens ihres potentiellen Angetrauten gar nichts. Und wer ist eigentlich der seltsame Fremde, der Julias Freundin Hannchen zwei Minuten nach seiner Ankunft einen Heiratsantrag macht?

Entstehungsgeschichte – Hintergründe
„Der Vetter aus Dingsda“ spielt in den 1920er-Jahren im eskapistischen Holland, wodurch sich die Operetten-Heiterkeit des Stückes mit einer Aktualität der Entstehungszeit verbindet: In den Niederlanden war – anders als in Berlin – kaum etwas von der wirtschaftlichen und sozialen Not nach dem Ersten Weltkrieg zu spüren. Man schickte damals sogar Kinder nach Holland, damit diese etwas „heile Welt“ erfahren konnten. Dennoch öffnet sich ein doppelter Boden unter der heiteren Handlung: Das „Dingsda“ des Titels bezieht sich auf Batavia, wohin der Vetter der Protagonistin Julia vor sieben Jahren verschwunden ist. Er kehrt als Millionär zurück, hat in der Ferne also seinen erfolgreichen Weg gemacht – aber womit bleibt im Unklaren. Da Batavia damals das pazifische Hauptquartier der niederländischen Ostindien-Kompanie war, ist klar, dass es nichts Gutes gewesen sein kann, sondern sicher mit Ausbeutung, Unterdrückung der Ureinwohner*innen und Handel mit deren Waren einherging.

Künnekes berühmtestes Werk
Eduard Künnekes „Der Vetter aus Dingsda“ entstand während seiner Zeit als Hauskomponist am Theater
am Nollendorfplatz bei Herman Haller. Das Libretto stammt von Herman Haller und Fritz Oliven. Uraufgeführt am 14. April 1921, wurde der „Vetter“ bereits zu Lebzeiten Künnekes erfolgreichstes Werk, ins Englische übersetzt und verfilmt. Für das Stück nutzte Komponist Eduard Künneke erstmals amerikanische Modetänze wie Tango oder Foxtrott. Seine Orchestration geht von der deutschen spätromantischen Oper aus und verbindet volksliedhafte Melodien im Stil Humperdincks mit der rasanten Ensembletechnik eines Rossini. Die Komik – auch in der Musik – bewahrt gleichzeitig vor Deutschtümelei.

Komödie vs. Kolonialismus – Der „Vetter“ in Dresden
Die Inszenierung von Jan Neumann (dessen Revue „Hier und Jetzt und Himmelblau!“ 2019 die Intendanz Kathrin Kondaurows eröffnete) bedient durch einen pointierten Spielstil, der auf die Mittel der Übertreibung des Comichaften oder der Stummfilmästhetik zurückgreift, das Genre der Komödie. Intime Spielmomente unterstützen wiederum die Emotionalität der Handlung, während ausgearbeitete Dialog-Kommentare und Ausstattungsdetails auf den Kontext der Kolonialisierung verweisen.

Premiere:
Der Vetter aus Dingsda
Libretto von Herman Haller und Rideamus | Nach einem Lustspiel von Max Kempner-Hochstädt
Musik von Eduard Künneke

Musikalische Leitung JOHANNES PELL
Regie JAN NEUMANN
Bühne CARY GAYLER
Kostüme NINI VON SELZAM
Choreographie MODJGAN HASHEMIAN
Dramaturgie VALESKA STERN

Julia de Weert: Maria Perlt-Gärtner / Amelie Müller
Hannchen: Christina Maria Fercher / Florentine Schumacher
Josef Kuhbrot: Elmar Andree / Markus Liske
Wilhelmine: Silke Richter / Ingeborg Schöpf
Egon von Wildhagen: Andreas Sauerzapf / Riccardo Romeo
1. Fremder (August Kuhbrot): Timo Schabel / Václav Vallon
2. Fremder (Roderich de Weert): Nikolaus Nitzsche

Orchester der Staatsoperette

Karten von 11,50 € bis 49 € unter www.staatsoperette.de